Von François Launaz, Präsident auto-schweiz, Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure

Anfang Dezember durften wir von auto-schweiz eine historische Zahl verkünden: «Seit Jahresbeginn sind exakt 10'329 neue Elektroautos auf die Strassen der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein gekommen.» So hiess es in unserer Medienmitteilung zum aktuellen Marktgeschehen bei neuen Personenwagen bis Ende November. Zum ersten Mal wurde damit die fünfstellige Schallmauer in einem Kalenderjahr durchbrochen. Eine eindrückliche Zahl, wenn man bedenkt, dass der Zuwachs zum Vorjahr bei reinen E-mobilen mehr als 136 Prozent beträgt. Ihr Marktanteil von 3,7 Prozent klingt nach nicht viel, doch nach dem ersten Halbjahr lag die Schweiz weltweit auf Rang 5 – knapp hinter China mit 4,0 Prozent. Hinzu kommen bis Ende November noch einmal 1,2 Prozent, die auf Plug-In-Hybride entfallen. Die bisherigen Schweizer Erfolge bei der Elektromobilität können sich also sehen lassen.

Weitere E-ntwicklung

Noch mehr interessiert natürlich der Blick nach vorne. Angesichts deutlich strengerer CO2-Vorgaben, die in wenigen Wochen zum 1. Januar 2020 in der Europäischen Union und in der Schweiz in Kraft treten, ist die weitere E-ntwicklung von entscheidender Bedeutung. Um dem neuen Zielwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer für Personenwagen möglichst nahe zu kommen, braucht es unserer Einschätzung nach im kommenden Jahr einen Marktanteil der Steckerfahrzeuge (Elektroautos und Plug-In-Hybride zusammen) von zehn Prozent. Daher rührt auch das «10/20»-Ziel von auto-schweiz, das wir uns bereits im Februar 2018 auf die Fahnen geschrieben haben. Unsere ursprüngliche Annahme einer gleichmässigen Verteilung der zehn Prozentpunkte auf Elektromodelle und Plug-in-Hybride dürfte sich wohl zu Gunsten der E-Mobile verschieben, wenn man 2019 zu Grunde legt.

Drei Gründe für Erfolg

Warum aber ist die Elektromobilität in der Schweiz bislang so (relativ) erfolgreich? Neben dem elektrischen Fahrspass sehe ich drei Gründe, die uns übrigens auch bei der weiteren Entwicklung helfen sollten:

  1. Kaufkraft: Elektroautos sind in der Anschaffung (derzeit noch) teurer als ein Modell mit Verbrennungsmotor. Das Fürstentum Liechtenstein und die Schweiz liegen aber bei der Pro-Kopf-Kaufkraft in Europa vorne. Das macht höhere Anschaffungspreise eher erschwinglich. Bei den Unterhaltskosten sind E-Fahrzeuge günstiger, ein Teil des Mehrpreises kann also wieder amortisiert werden.
  2. Machbare Distanzen: Von St. Gallen nach Genf mit einer Akkuladung? In modernen Elektroautos geht das. In der Schweiz sind die gefahrenen Distanzen eher überschaubar, ganz zu schweigen von der durchschnittlichen täglichen Pendeldistanz von 15 Kilometern. Bei unseren Nachbarn in Deutschland, Frankreich oder Italien sind die Distanzen zwischen den Metropolen und Regionen deutlich grösser.
  3. Netz an Lademöglichkeiten: Die Schweiz hat bislang beim Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur einen guten Job gemacht. Als Transitland haben wir aber auch beim Aufbau von Schnelllademöglichkeiten an Autobahnen profitiert. So können Sie mittlerweile an jeder Raststätte zwischen Zürich und Bern schnellladen – sogar einige Rastplätze kommen bald hinzu. So müssen Sie sich selbst bei leerem Akku keine Sorgen machen, ob sie ankommen.
 Herausforderungen, die anzugehen sind

Als Neu-Elektroautofahrer (mein aktuelles Fahrzeug ist eines der diesjährigen 10'000) kann ich Ihnen berichten, dass besonders der letzte Punkt entscheidend für die Durchdringung am Markt ist. Irgendwann wird jeder Akku leer – wo und wie schnell sie ihn wieder aufladen können, ist dann zentral. Hier müssen wir weiter dranbleiben und investieren, wenn die Elektromobilität zum Massenphänomen werden soll – denn beim Fahrzeugbestand liegen wir nach wie vor deutlich unter einem Prozent. Ein weiterer möglicher Stolperstein ist die lückenhafte Unterstützung seitens des Bundes, erste Kantone sind in die Bresche gesprungen (Thurgau, Tessin, Basel-Stadt, Wallis). Auch das Problem des Ladens zuhause muss flächendeckend gelöst werden und einfach in die Tat umzusetzen sein – auch dies ist eine jüngere Erfahrung meinerseits. Wenn wir diese Grundlagen schaffen, mache ich mir um die Erreichung unseres «10/20»-Ziels kaum Sorgen – ich freue mich auf ein hochspannendes Jahr 2020.