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Tempo 30 gilt vielerorts als Allheilmittel gegen Strassenlärm. Statt flächendeckender Ausbremsung des Verkehrs sollte aber mehr auf die Elektromobilität gesetzt werden.

Kennen Sie die Grabenstrasse in Zug? Mir war sie bislang auch nicht bekannt. Aber seit Anfang Mai ist sie die vielleicht wichtigste Strasse der Schweiz – aus verkehrspolitischer Sicht. Denn hier soll ein für alle Mal geklärt werden, ob Tempo 30 in punkto niedrigerer Lärmbelästigung wirklich so viel bringt, wie links-grüne Kreise immer behaupten. Auf der anderen Seite sprechen viele Gründe gegen die flächendeckende Einführung von Tempo 30. Dieser «Grabenkampf» geht nun passenderweise in der «Grabenstrasse» in Zug in die nächste Etappe. Seit einigen Wochen werden dort Messungen durchgeführt, um das derzeitige Geräuschniveau zu erfassen. Wie die NZZ schreibt, werden die Tests eng begleitet vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) und von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). Kein Wunder, denn schliesslich hat der Bund in seiner Lärmschutzverordnung festgehalten, dass wir alle «vor schädlichem und lästigem Lärm» geschützt werden sollen. So heisst es im Zweckartikel der Verordnung. Was das im konkreten Fall bedeutet, ist nicht ganz klar. Fakt ist aber, für Kantonshauptstrassen wurde ein exaktes Datum definiert, bis wann mögliche «Sanierungs- und Schutzmassnahmen» gegen Lärm umgesetzt sein müssen: der 31. März 2018. Und Tempo 30 gilt wohl als eine Art «Schutzmassnahme». Der Versuch kann also Signalwirkung für die ganze Schweiz haben, falls nach der Einführung von Tempo 30 in der Zuger Grabenstrasse im Herbst tatsächlich weniger Lärm als vorher gemessen wird. In der Durchgangsstrasse hatten Anwohner auf die Temporeduktion geklagt, das Bundesgericht hat den Testlauf angeordnet. Doch dieser wie auch das zugrundeliegende Gerichtsurteil verkennen eine entscheidende technische Entwicklung in der Automobilbranche: die Elektromobilität. Bereits 2020 wird der CO2-Grenzwert für Personenwagen in der Schweiz auf 95 Gramm pro Kilometer gesenkt. Nach der Annahme des Energiegesetzes an der Urne ist dieser Wert nun fixiert. Und dieses Ziel ist ohne einen massiven Zuwachs von Elektroautos auf unseren Strassen kaum zu schaffen. Sämtliche Fahrzeughersteller sind derzeit an diesem Thema dran und haben entweder schon entsprechende Modell im Angebot oder werden dies bis 2020 nachgeholt haben. An der zunehmenden Elektrifizierung, auch über Hybrid-Motorisierungen von Verbrenner und Elektromotor, führt in den kommenden Jahren kein Weg vorbei. Diese Entwicklung wird enorme positive Auswirkungen auf die Lärmemissionen haben, denn ein Elektromotor ist lautlos. Besonders in den Städten bei Tempo 50 kommt das fehlende Motorengeräusch zum Tragen und reduziert den wahrnehmbaren Lärmpegel beim Vorbeifahren spürbar. Selbst wenn die Tests in Zug eine Lärmreduktion durch Tempo 30 amtlich belegen werden: Aktionismus der Gemeinden mit einer flächendeckenden Einführung zum Schutz «vor schädlichem und lästigem Lärm» wäre der falsche Weg. Denn die Elektrifizierung des motorisierten Verkehrs kommt sowieso. Da lohnen sich mühsame Zonenplanänderungen mit Einsprachen, öffentlichen Auflagen und möglichen Urnengängen nicht, schon gar nicht aus Sicht der Steuerzahler. Eine grossangelegte Ausbremsung des motorisierten Verkehrs hätte zudem massive Nachteile. Ohne Durchgangsstrassen mit höherem Tempo sucht sich der Verkehr seinen Weg durch die Quartiere, wo meist auch Tempo 30 herrscht, was aber dann kein Nachteil mehr sein wird. Zunehmende Unfälle könnten die Folge sein. KMU und Handwerker wären länger auf unseren Strassen unterwegs und verlören kostbare Arbeitszeit. Auch der öffentliche Verkehr ist kein Freund von flächendeckendem Tempo 30. Fahrpläne könnten nicht mehr eingehalten und müssten geändert werden, die Attraktivität könnte leiden. Und für Autofahrerinnen und -fahrer ist Tempo 30 höchst unattraktiv, die Aufmerksamkeit schwindet im Gleichschritt mit dem Fahrvergnügen. Deshalb gilt es, bei der geplanten Einführung von Tempo 30 immer den konkreten Fall anzuschauen – und nur das sollte jetzt an der Grabenstrasse in Zug getan werden.