von Peter Grünenfelder, Präsident auto-schweiz

Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament haben mit grosser Mehrheit beschlossen, dass die CO2-Vorschriften für die Automobilwirtschaft flexibilisiert werden. Dies mit dem Ziel die Wettbewerbsfähigkeit eines der bedeutendsten Wirtschaftszweige Europas wiederherzustellen. Nach der Konjunkturschwäche im letzten Jahr, einer nicht ausreichender Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und den drohenden Sanktionsfolgen hat die EU-Kommission Anfang Jahr einen «Strategischen Dialog» mit der Autoindustrie gestartet, um auf die Sorgen der Branche eingehen zu können. Dabei ging es insbesondere darum, dass die Europäische Automobilproduktion gestärkt wird und umfassende Investitionen in die Transformation zur Elektromobilität nicht verloren gehen. Die EU hat die unumgängliche Erleichterung nun im Dringlichkeitsverfahren durch den gesetzgeberischen Prozess gebracht.

Europäische Kurskorrektur

Die Emissionsziele sind neu innerhalb von drei Jahren zu erreichen. Mit dieser mehrjährigen Gesamtbetrachtung nimmt die EU eine marktrealistischere Regulierung vor, welche die aktuelle Akzeptanz von modernen Antrieben berücksichtigt, ohne die Emissionszielwerte anzutasten. Die EU geht damit zügig auf die schwierige Wirtschaftslage ein und handelt pragmatisch. Die gebeutelte europäische Automobilindustrie zeigt sich erleichtert.

Bundesrat bisher unentschieden

Aber noch nicht alle haben die Menetekel erkannt. Der Bundesrat äusserte sich jüngst zu einer Interpellation, in der erfragt wurde, inwiefern die CO2-Verordnung die Automobilwirtschaft beeinflusst, noch unentschlossen. So erwarte er «keine Verwerfungen auf dem Markt aufgrund der CO2-Emissionsvorschriften». Diese Einschätzung teilen wir als Branchenverband nicht. Unsere Berechnungen zeigen volkswirtschaftliche Schäden von bis zu 500 Millionen Franken, welche durch die Emissionsvorschriften entstehen. Überdies lassen die Immatrikulationszahlen Gravierendes erahnen. So ist der Automobil-Gesamtmarkt im ersten Jahresdrittel um 7,6 Prozent regelrecht eingebrochen. Doch der bisherige Appell der Wirtschaftsvertreter bleibt bisher ungehört.

Lösungen stehen bereit

Aus der Sicht von auto-schweiz – wie auch die des Experten für öffentliches Wirtschaftsrecht, Professor Peter Hettich von der HSG, – braucht es für die Flexibilisierung der CO2-Ziele keine zeitaufwendigen Gesetzesanpassungen, vielmehr lässt das CO2-Gesetz in mehreren Artikeln dem Bundesrat ausreichend Handlungsspielraum, den es im Sinne einer wirtschaftsfreundlichen Regulierung zu nutzen gilt.

Flexibilisierung gefordert

Den Entscheid des europäischen Regulators begrüsst auto-schweiz sehr und fordert den Bundesrat dazu auf, diese Flexibilisierung unmittelbar und in geeigneter Form auch hierzulande vorzunehmen. Mit einer solchen Anpassung der CO2-Regulierung käme der Bundesrat dem Willen der Eidgenössischen Räte nach, die sich im Rahmen der Beratung zur CO2-Gesetzgebung gegen einen kostenintensiven «Swiss Finish» ausgesprochen haben. Angesichts der aktuell schwierigen Lage von zahlreichen Schweizer Automobilunternehmen und der getrübten Konjunkturaussichten kann der Bundesrat mit einer adäquaten Flexibilisierung ein klares Zeichen setzen für wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen, die auf die Marktrealität abstützen und die Autowirtschaft und das Gewerbe von unnötigen, staatlich verursachten Kosten entlasten.

Dieser Text erschien in «aboutFLEET», Ausgabe 04/2025.