Von Andreas Burgener, Direktor auto-schweiz

Als ich die Medienmitteilung des Bundesrats vom 16. April über die ersten Schritte zurück in ein ansatzweises reguläres Wirtschaftsleben studiert habe, sah ich schon wenige Tage später offene Garagen-Schauräume vor meinem inneren Auge. Über das nahende Ende des vollständigen Corona-Lockdowns mit den ersten Geschäftsöffnungen steht dort nämlich geschrieben: «Für die Reihenfolge der Lockerungen hat der Bundesrat mehrere Risikofaktoren berücksichtigt. Dazu gehören die Zunahme enger Personenkontakte, die Zunahme von Personenströmen, die Zahl der betroffenen vulnerablen Personen oder die Möglichkeit Schutzmassnahmen zu ergreifen. Zudem hat der Bundesrat den wirtschaftlichen Nutzen der einzelnen Lockerungen bewertet.» Aufgrund dieser Erläuterung hätte klar sein müssen: Der Bundesrat lässt Garagen-Showrooms ab dem 27. April wieder öffnen. Denn alle fünf Punkte, inklusive des wirtschaftlichen Nutzens, sind erfüllt. Ich war allerdings entsprechend ernüchtert, als ich den Rest der Medienmitteilung gelesen hatte.

Denn die weiteren Ausführungen des Bundesrats machen klar: «Betriebe mit personenbezogenen Dienstleistungen mit Körperkontakt können (…) wieder öffnen, zum Beispiel Coiffeurgeschäfte, Massagepraxen, Tattoo-Studios und Kosmetiksalons. Geöffnet werden auch Bau- und Gartenfachmärkte sowie Gärtnereien und Blumenläden.» Kein Wort von Verkaufsräumen mit fabrikneuen Personenwagen oder Nutzfahrzeugen. Ein Irrtum? Hatte ich etwas übersehen? Ein erfreulicher Satz kam noch: «Zudem können auch unbediente öffentliche Einrichtungen wie Waschanlagen wieder öffnen.» Immerhin noch ein kleiner Aufsteller für unsere Branche. Die Nicht-Beachtung der Fahrzeug-Verkaufsräume durch den Bundesrat für den ersten Öffnungsschritt für den 27. April wiegt allerdings schwer. So soll der Showroom-Betrieb nun erst ab dem 11. Mai wieder möglich sein – obwohl der AGVS und auto-schweiz gemeinsam ein detailliertes Konzept zur Einhaltung der Sicherheitsmassnahmen vorgelegt haben. Vier Fünftel der Händler in Österreich haben schon wieder geöffnet und sämtliche Schauräume in Deutschland werden wohl noch im Laufe des Aprils wieder aufgehen. Doch der Bundesrat lässt uns am ausgestreckten Arm verhungern. Steht hier am Ende verkehrspolitische Ideologie einer logischen wirtschaftspolitischen Entscheidung im Weg?

Fakt ist auf jeden Fall, dass der verlängerte Lockdown für unsere Branche zu einem Desaster zu werden droht. Im April ist der Schweizer Auto-Markt um 67 Prozent eingebrochen. Durch ausbleibende Bestellungen und fehlende Verkäufe von Lagerfahrzeugen könnte sich dieses Minus noch über Wochen und Monate fortsetzen, schlimmstenfalls sogar ausweiten. Ein Blick zu unseren europäischen Nachbarn zeigt, dass dies durchaus möglich scheint: Frankreich und Spanien mussten schon im Gesamtmonat März Marktrückgänge von knapp oder sogar über 70 Prozent zu verkraften. Italien hat dabei mit minus 85 Prozent im März den Vogel abgeschossen. Um solche Schreckensszenarien mit vielen verlorenen Arbeitsplätzen in der Schweizer Autobranche zu verhindern, muss der Bundesrat schnellstmöglich eine Öffnung der Schauräume ermöglichen, natürlich unter Berücksichtigung sämtlicher Sicherheitsvorkehrungen.

Der 11. Mai muss dabei zwingend der allerspäteste Öffnungstag sein – und wird vielleicht zum Schicksalstag unserer Branche.